»Immer wieder hörten wir nachts Schüsse, bis sie eines Tages bei uns ins Haus eindrangen und meinen Vater mitnahmen. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.«

Junge aus Afghanistan, 17 Jahre

Die Reittherapie

Die CHANCENREITER auf dem therapeutischen Reiterhof EQUISOMA in Otter
Die CHANCENREITER auf dem therapeutischen Reiterhof EQUISOMA in Otter

Die Reittherapeutin Frau Wenzlawski ist Lehrerin für die Tellington-Methode, mit der sie die Pferde auf ihrem Reiterhof EQUISOMA gewaltfrei ausgebildet hat. Die Tellington-Methode fördert die freiwillige Mitarbeit des Pferdes und basiert auf Beziehung und Vertrauen zwischen Mensch und Tier. So können sich Blockaden und Spannungen lösen und die Grundlage für eine erfolgreiche therapeutische Arbeit mit den Kindern bilden.

 

Die therapeutische Herangehensweise ist abhängig vom jeweiligen individuellen Bedarf des Kindes. Nicht jedes Pferd passt zu jedem Kind. Aufgrund der verschiedenen Charaktere der Pferde können jedoch die unterschiedlichsten Befindlichkeiten bedient werden, um den Heilungsprozess zu stärken. Meist findet das Pferd selbständig das Kind, welches zu ihm passt und ist so aktiv an der Kontaktaufnahme beteiligt.

 

Für die Anbahnung des Kontaktes zwischen den Kindern und den Pferden bedarf es einen sicheren Rahmen, um Schutz gegenüber den traumainduzierten grundlegenden Verunsicherungen und Beängstigungen anzubieten. Die Vermeidung von Stress ist hier notwendig, um der mit Traumatisierungen einhergehender erhöhten Wachsamkeit keine weitere Nahrung zu geben. Deshalb muss darauf geachtet werden, jegliche zu hoch gesteckte Anforderung zu unterlassen, um eine Retraumatisierung zu vermeiden.

 

Ein Trauma erschüttert Selbst- und Weltvertrauen und hinterlässt Spuren der Angst, die die Umgebung in einen Ort ständiger Gefahr verwandelt. Die innere Sicherheit wird nachhaltig gestört. Das gesamte Nervensystem befindet sich jederzeit in Alarmbereitschaft. Entsprechend werden neue Erfahrungen ständig geprüft, ob sie die alte Erfahrung bestätigen. Falsches Verhalten, auch aus guter Absicht, vertieft das Trauma.

 

Da durch die Fluchterlebnisse der Kinder davon auszugehen ist, dass ihre Bindungsentwicklung gestört wurde, ist ein sicheres Bindungserleben die Voraussetzung für weitere Lern- und Entwicklungsprozesse. Entsprechend muss hier ein besonderer Schwerpunkt traumapädagogischer Sozialarbeit liegen, deren Basis die kontinuierliche Arbeit zwischen Kind, Pferd und Therapeutin ist. Falls dem Vertrauensaufbau nicht genügend Zeit gewidmet wird, besteht die Gefahr einer Retraumatisierung.